Deuvet Neuer Beirat für alternative Kraftstoffe

Von Steffen Dominsky

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E-Fuels sind nicht nur eine ökologische Alternative, sie könnten sogar günstiger als konventionelle Kraftstoffe sein, wie Christian Nikolai im Interview mit »kfz-betrieb« verrät.

Mit Christian Nikolai hat der Deuvet, innerhalb des Ressorts Nachhaltigkeit, jetzt einen eigenen Beirat für das Thema alternative Kraftstoffe installiert.
Mit Christian Nikolai hat der Deuvet, innerhalb des Ressorts Nachhaltigkeit, jetzt einen eigenen Beirat für das Thema alternative Kraftstoffe installiert.
(Bild: Deuvet)

Obwohl sich der Bundesverband Oldtimer-Youngtimer e.V., kurz Deuvet, prinzipiell mit historischer Automobiltechnik befasst, spielen auch aktuelle Technologien eine nicht unwesentliche Rolle im Verbandsgeschehen. Jüngstes Beispiel: die zu lebhaften Diskussionen führenden alternativen Kraftstoffe, genauer gesagt E-Fuels. Schließlich wird das Thema Nachhaltigkeit zunehmend auch mit der Verfügbarkeit alternativer Kraftstoffe verknüpft. Denn nicht der Verbrennungsmotor ist das Problem, sondern der fossile Brennstoff. Genau deshalb hat der Deuvet-Vorstand beschlossen, das Ressort Nachhaltigkeit um das Thema alternative Kraftstoffe zu erweitern. Mit Christian Nikolai konnte ein ausgewiesener Fachmann als entsprechender Beirat berufen werden. Zu seinen Aufgaben gehört, Argumentationshilfen für die Deuvet-Mitgliederclubs, aber auch für Vertreter des Bundesverbands in politischen Gremien fachkundig zu erarbeiten. Genauso wie es die anderen Beiräte für ihre Themen tun.

Christians Nikolais Herz gehört dem Automobil. Seit Ende der 1990er-Jahre war er in der Stuttgarter Zentrale der Daimler AG im Vertrieb und Marketing für die Regionen Osteuropa, Nah-/Mittelost und Afrika tätig, dann von 2011 bis 2020, mit Schwerpunkt auf dem Classic-Handel und dem Aufbau von Classic-Partner-Strukturen, bei verschiedenen Mercedes-Benz-Händlern in NRW. So hat Nikolai beispielsweise ab 2011 das Classic-Geschäft inklusive der Etablierung neuer Prozesse und Strukturen bei Mercedes-Benz Ostendorf (heute Senger Gruppe) in den Bereichen Verkauf, Marketing sowie Service unter der Sub-Marke „Ostendorf Classic“ verantwortet.

Nur Elektrifizierung ist zu einseitig

Sein trotz, oder wegen, aller Liebe zum Automobil vorhandenes ökologisches Gewissen lässt ihn seit einiger Zeit darüber nachdenken, welchen Beitrag Liebhaber historischer Mobilität leisten können, um unabhängiger von fossilen Kraftstoffen zu werden. Für Christian Nikolai bedeutet Nachhaltigkeit deshalb nicht, ausschließlich auf Elektrifizierung zu setzen, sondern technologieoffen alle Chancen zu nutzen, Fahrzeuge bzw. deren Nutzung ökologischer zu gestalten. Altes pflegen, warten und erhalten ist für ihn selbstverständlich deutlich nachhaltiger, als es durch nicht zu Ende gedachte Lösungen zu ersetzen. In diesem Zusammenhang setzt sich Nikolai besonders intensiv mit klimaneutralen Kraftstoffen ohne fossile CO2-Emissionen auseinander.

Eine wichtige Rolle könnten hier sogenannte E-Fuels übernehmen. Die sind – mit regenerativem Strom produziert – nicht nur nachhaltig, sondern schnell, kostensparend und vor allem global auch für die Bestandsflotte von weltweit 1,5 Milliarden Fahrzeugen selbst in strukturschwachen Regionen ohne Änderungen der vorhandenen Technik und Infrastruktur anwendbar. Sie sind auch für historische Fahrzeuge nutzbar, und könnten, man höre und staune, sogar günstiger als konventionelle Kraftstoffe sein, wie Christian Nikolai im folgenden Interview mit »kfz-betrieb« verrät.

Ergänzendes zum Thema
Christian Nikolai im »kfz-betrieb«-Interview
„E-Fuels billiger als normaler Diesel“

Redaktion: Würden Sie mit Ihrem Old-/Youngtimer bedenkenlos E-Fuels tanken? Und wenn ja, was macht Sie hier „sicher“? Immerhin gibt es noch keinerlei Studien-/Testergebnisse.

Christian Nikolai: Selbstverständlich würde ich bedenkenlos E-Fuels – beziehungsweise Syn-Fuels, wie der korrekte Oberbegriff lauten müsste – in meinen Oldtimer tanken. Offizielle, amtliche Langzeitstudien gibt es in der Tat derzeit noch nicht. In Skandinavien und den Benelux-Staaten gehört HVO100 allerdings als klimafreundliche Diesel-Alternative bereits zum Alltag. Dort darf – anders als derzeit noch in Deutschland – der Kraftstoff nicht nur in sogenannten geschlossenen Kreisläufen verkauft werden, sondern auch an private Endkunden. Viele dieser Kunden fahren klassische Fahrzeuge und berichten über ein verbessertes Kaltstartverhalten, ruhigeren Motorlauf sowie das Ausbleiben von dieseltypischem Qualm und Geruch – ohne jede technische Umrüstung, vor allem aber mit um 90 Prozent reduzierten CO2-Emissionen, drastisch verringertem NOx sowie Feinstaubausstoß.

Zahlreiche, wissenschaftliche Studien und Versuchsreihen kommen zu ähnlichen Ergebnissen – wie auch ein Bericht des Bayreischen Rundfunks vom 18.1.22 gezeigt hat, in dem unter anderem auch Professor Thomas Koch vom KIT in Karlsruhe zu Wort kommt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der 2008er G320 CDI sowie der 1956er Berna-Tankwagen der Firma Wirtz ausschließlich mit dem HVO100 „FuelMotion Diesel H“ betrieben werden und seit Monaten störungsfrei sowie frei von dieseltypischem Abgasgeruch und Qualm laufen.

Was wären Sie bereit, für den Liter E-Fuel-Benzin zu bezahlen, wenn es um das Hobby Old-/Youngtimer geht?

Die Frage kann anhand des derzeit bereits verfügbaren HVO100 recht präzise beantwortet werden: circa 12 bis 15 Cent mehr als für fossilen Diesel. Bei Ottokraftstoffen ist aufgrund des wachsenden Marktes sowie unterschiedlicher Produktionsverfahren und Herkunftsländer mit einer ähnlichen Entwicklung für E-Fuels zu rechnen. Würde die Bundesregierung das vorliegende CO2-Minderungspotenzial anerkennen und alternative Kraftstoffe im Rahmen der Flottengrenzwertregelung nur anhand der tatsächlichen CO2-Emissionen besteuern, wäre HVO sogar billiger als B7-Diesel. Dies muss Benchmark auch für die sogenannten E-Fuels sein, denn erfolgreicher Klimaschutz wird – insbesondere global betrachtet – nicht zuletzt auch über den Geldbeutel entschieden. Für die kommenden Jahre dürfte noch mit einem moderaten Preisaufschlag gegenüber fossilen Kraftstoffen gerechnet werden. Der Preis dürfte aber deutlich unter dem von vielen Verfechtern der reinen Elektromobilität zitierten Preis von 5 Euro pro Liter liegen.

Mit welchen Fakten begegnen Sie Menschen, die glauben, E-Fahrzeuge seien emissionsfrei, und die den Energie- und Ressourcenbedarf neuer Fahrzeuge stets ausblenden?

Man darf nicht vergessen, dass genau die gleichen politischen Kräfte, die das Verschrauben statt Verkleben von Handys fordern, um sie reparaturfreundlicher zu machen, auf der anderen Seite fordern, möglichst schnell sein kolbengetriebenes Fahrzeug zu entsorgen und gegen ein Elektroauto oder im Optimalfall ein neues Lastenfahrrad auszutauschen. Vereine wie die DUH wollen nicht den Verkehr defossilisieren, sondern halbieren, beziehungsweise ganz abschaffen. Dies ist keine von mir erfundene Verschwörungstheorie, sondern unter anderem durch Schriftverkehr, den ich mit Jürgen Resch von der DUH geführt habe, belegbar. Aus der Kritik am Auto ist der Kampf gegen das Auto zugunsten eines gesellschaftlichen „Umbaus“ geworden. Dem kann man sich nur durch Vernunft, bessere Argumente und vor allem kritische Fragen entgegenstellen.

Physik hat Grenzen und innerhalb dieser müssen wir uns bewegen, wenn wir unseren Nachfahren einen intakten Planeten hinterlassen wollen. Ideologie und Panik sind hierbei die denkbar schlechtesten Berater. Deshalb ist es meiner Meinung nach zielführender, sich mit der OPEC über Klimaschutzmaßnahmen durch nicht fossile Kraftstoffe zu unterhalten, als mit dem IPCC Transport&Environment oder der Deutschen Umwelthilfe, die im Zweifel nur mahnen, warnen und blockieren, jedoch keine gangbaren Wege aufzeigen.

Wie kann der Deuvet innerhalb von Deutschland das Thema E-Fuels vorantreiben beziehungsweise positiv in der Öffentlichkeit platzieren?

Der Deuvet kann eines tun: Mit gutem Beispiel vorangehen, seine Mitglieder informieren und vor allem den Nachhaltigkeitsgedanken in den Vordergrund stellen. Was lange genutzt, gepflegt und gewartet wird, ist per se nachhaltiger als ein „Wegwerfprodukt“, wie zum Beispiel ein Elektrofahrzeug, dessen Akku nach circa einem Jahrzehnt an das Ende seines Lebenszyklus kommt. Mit dem richtigen Kraftstoff betrieben ist somit ein Old- oder Youngtimer eigentlich das Paradebeispiel für nachhaltige Nutzung. Zudem werden die meisten klassischen Fahrzeuge zwischen 2.500 und 5.000 Kilometer im Jahr bewegt und sind somit im Gesamtbild aller Treibhausgas-Emissionen kaum messbar.

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